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Bilanz lesen für den HausgebrauchFür viele Praktiker und Unternehmer gehört die Bilanz zum jährlichen Geschäft. Oft ist es aber so,dass der Steuerberater des Vertrauens die fertige Bilanz liefert und alle weiteren erforderlichenSchritte (Einreichung beim Firmenbuch, etc.) erledigt.Die Bilanz ist aber für den Unternehmer selbst nicht bloß eine rechtliche Notwendigkeit, sondern inWahrheit eine hervorragende Informationsquelle, die uns Antworten auf viele Fragen gibt:Frage#1: Wie reich bin ich?Das Eigenkapital zeigt das Reinvermögen des Unternehmens. Von den Vermögenswerten (Aktivseite)werden die Verbindlichkeiten ( Schulden) und Rückstellungen auf der Passivseite abgezogen. DasErgebnis ist das Eigenkapital! Das Eigenkapital sehe ich rechts oben in der Bilanz, steht ein Minusdabei ist es negativ.Frage#2: Was habe ich investiert?Die Antwort hierauf gibt es auf der linken Seite –Aktivseite, auch Vermögensseite genannt. DieInvestitionen sind typischerweise im Anlagevermögen in Form von Maschinen, Fahrzeugen, Lizenzen,Einrichtungen, Gebäuden, Beteiligungen, etc. zu finden.Außerdem kann auch in Vorräte investiert werden – diese stehen auch auf der linken Seite, und zwarim Umlaufvermögen. Den Zustand meiner Investitionsgüter zeigt das Anlageverzeichnis, welches einTeil des zum Jahresabschluss gehörenden Anhangs ist. Je höher die kumulierten Abschreibungensind, desto abgenutzter sind meine Investitionsgüter.Beispiel: Ich kaufe eine Maschine um 100.000 Euro, der Wert des Anlagevermögens steigt damitzunächst um 100.000 Euro. In der Folge verringert sich diese Vermögensposition aber durch diekumulierten Abschreibungen (AfA) für Abnutzungen – die Maschine verliert durch den Gebrauch anWert!Frage#3: Wie sind meine Investitionen finanziert?Die Antwort hierauf gibt die rechte Seite der Bilanz (Passivseite). Dort sind sowohl die imUnternehmen befindlichen Fremdmittel (Bankverbindlichkeiten, Lieferverbindlichkeiten, etc.) alsauch die Eigenmittel (Stammkapital, bzw. Nennkapital) abgebildet.Beispiel: Die Maschine habe ich durch einen Bankkredit in gleicher Höhe gekauft. DieBankverbindlichkeiten steigen also um 100.000 Euro.Frage#4: Wie viel Geld habe ich flüssig?Die Barmittel sind am Bankkonto und in der Kassa erfasst – Aktivseite, Umlaufvermögen.Frage#5: Was kann ich an Geldzufluss in nächster Zeit erwarten?Auf der Aktivseite befindet sich im Umlaufvermögen die Position „Forderungen aus Lieferungen undLeistungen“ – das ist jene Summe, die meine Kunden mir im Augenblick schuldig sind (offenePosten). Mit diesem Betrag an Geldzufluss kann in kurzer Frist gerechnet werden. Außer ich weiß vonZahlungsschwierigkeiten meiner Kunden Frage#6: Welche Zahlungsverpflichtungen habe ich?Antwort: Auf der Passivseite sind bei normalerweise die Positionen „Verbindlichkeiten ausLieferungen und Leistungen“, „sonstige Verbindlichkeiten“ sowie „sonstige Rückstellungen“ausgewiesen. Im Normalfall bildet die Summe daraus die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen. Alsodie in nächster Zeit zu zahlenden Rechnungen, wie typischerweise Rechnungen von bestelltenHandelswaren, Strom, Gas, Miete, Krankenkassenbeiträge, Löhne & Gehälter, Finanzamtszahlungen.Und zu all diesen und weiteren Fragen liefert die Bilanz Antworten!Natürlich können diese Fragen auch an die Bilanzen fremder Unternehmen gestellt werden.

Schauen wir uns nun das ganze System ein wenig im Detail an!Umgangssprachlich spricht man oft nur von der Bilanz, gemeint ist aber meist das GesamtpaketJahresabschluss – bestehend aus Bilanz plus Gewinn- und Verlustrechnung plus Anhang.Die Bilanz ist immer eine Momentaufnahme zu einem Stichtag (Bestandsgröße), die G V isthingegen die Abbildung der Geschehnisse innerhalb eines Zeitraumes (Flussgröße). Die G V zeigt,was in dem jeweiligen Wirtschaftsjahr passiert ist.G V

Damit wir einen Überblick über das wirtschaftliche Ergebnis des Jahres bekommen, sehen wir unszunächst die G V an. Dem Aufbau nach ähnelt die G V einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, mitdem Unterschied dass bei ihr nach dem Verursachungsprinzip (Entstehung einer Forderung oderVerbindlichkeit) und nicht nach dem Zu- und Abflussprinzip (konkrete Bezahlung) erfasst wird.Sie zeigt uns ob – und vor allem „warum?“ - wir in dem Jahr reicher (Gewinn) oder ärmer (Verlust)geworden sind.Ganz oben in der G V stehen die Erlöse ( Umsätze). Darunter die sonstigen betrieblichen Erträge,das sind in aller Regel Gewinne aus dem Verkauf von Anlagevermögen (Verkaufswert Buchwert).In Summe ergibt dies die Betriebsleistung.So viel ist also an Geld oder Forderungen in diesem Jahr erwirtschaftet worden!Hiervon wird nun der Aufwand aus dem operativen Geschäft abgezogen, also alles was in diesemJahr eingesetzt wurde. Typischerweise sind dies Materialaufwand, Personalaufwand, Abschreibungensowie sonstige betriebliche Aufwendungen.Somit gelangt man zum sog. Betriebsergebnis. Das ist eigentlich nichts anderes als Umsätze minusAufwand.Als nächstes wird in der G V das Finanzergebnis ausgewiesen. Dieses beinhaltet einerseits dieAnsprüche auf Zinsen und Erträge aus Beteiligungen, und andererseits die verursachten Zinsen nanzvermögenundUnternehmensbeteiligungen werden also hier ausgewiesen.Im nächsten Schritt werden Betriebsergebnis und Finanzergebnis zum Ergebnis der gewöhnlichenGeschäftstätigkeit (kurz: EGT) zusammengefasst. In „normalen“ Geschäftsjahren ist dies die zentralePosition der Gewinn- und Verlustrechnung.Das EGT plus/minus außerordentliche Erträge/Aufwände und(Körperschaftsteuer) ergibt den Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag.minusErtragsteuernWird der Jahresüberschuss – der das wirtschaftliche Ergebnis darstellt - um dieRücklagenbewegungen (z.B. Erhöhung/Verringerung Gewinnrücklage) verringert bzw. erhöht,kommt man zum JahresergebnisUnd von hier ist es nur noch ein kleiner Sprung über den Gewinn- bzw. Verlustvortrag zumBilanzgewinn bzw. Bilanzverlust.Im Gewinnvortrag steckt übrigens der nicht an die Gesellschafter ausgeschüttete Rest desletztjährigen Jahresergebnisses! Der diesjährige Bilanzgewinn/verlust setzt sich somit aus dem heuererwirtschafteten Gewinn/Verlust und dem Rest der Vorjahresgewinne/verluste zusammen.Und dieser Bilanzgewinn bringt uns nun endlich zur Bilanz. Er ist die Schnittstelle in diesem ZweiKreis-System. Denn der Bilanzgewinn bzw. -verlust wird dort im Eigenkapital ausgewiesen. Er kannwiederum an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, oder für das kommende Jahr alsGewinnvortrag im Unternehmen verbleiben.

BILANZApropos Eigenkapital:Die Bilanz zeigt auf der linken Seite (Aktiva) die Vermögenswerte des Unternehmens, und auf derrechten Seite (Passiva) das Kapital – grob unterteilt in Eigenkapital und Fremdkapital (Schulden).Die Aktiv-Seite zeigt uns, in welcher Form die Kapitalmittel im Unternehmen an einem Stichtaggebunden sind. Also z.B. in Form von Maschinen, Fahrzeugen, Waren, oder als Cash (Kassa, Bank).Aber auch Forderungen gegenüber Kunden werden auf der Aktiv-Seite ausgewiesen. Warum? Weilhier mein Geld in den schon erbrachten Leistungen steckt, und ich daher in Zukunft Geld vomKunden zu erwarten habe. Diese Forderung stellt eben einen Vermögenswert dar.Die Passiv-Seite erzählt uns, woher die Kapitalmittel stammen.Wird das Geld von Banken oder anderen Kreditgebern ausgeborgt, hat das UnternehmenFremdkapital aufgenommen. Dies wird unter der Position Verbindlichkeiten ausgewiesen.Hier sind aber auch erhaltene Anzahlungen von Kunden und Verbindlichkeiten bei Lieferanten(offene Rechnungen), Abgabenbehörden (Steuerschulden) und Sozialversicherungsträgern(ausstehende SV-Beiträge) erfasst. Warum erhaltene Anzahlungen? Weil wir uns bei unseren Kundenquasi Geld ausgeborgt haben.Im Bereich Unversteuerte Rücklagen sind in erster Linie Bewertungsreserven dargestellt, die sich aufGrund von Unterschieden zwischen Steuerrecht und Unternehmensrecht ergeben.Die Rückstellungen werden für drohende Aufwände gebildet, die heute der Höhe nach noch nicht100%ig feststehen, der Sache nach aber im heurigen Jahr ihren Ursprung haben. Typisches Beispielsind Rückstellungen für Abfertigungen, Prozesskosten oder Gewährleistungen.Das Eigenkapital stellt somit das Reinvermögen des Unternehmens dar. Das heißt, die Differenzzwischen Vermögen (Aktivseite) und Schulden ist das Eigenkapital. Im Eigenkapital sind auch die vonden Gesellschaftern dem Unternehmen zur Verfügung gestellten Kapitalmittel erfasst. Letztlich bildetsich das positive Eigenkapital aus diesen Einlagen und den erwirtschafteten und nichtausgeschütteten Gewinnen (Stichwort: Bilanzgewinn) der vorangegangen Jahre.

Umgekehrt können entsprechend hohe Verluste – aber auch zu hohe Entnahmen - auch zu einemnegativen Eigenkapital führen.WORAUF SCHAUEN?Welche Bilanzpositionen sind besonders interessant? Wo gibt es Gestaltungsspielräume?- Halbfertige Arbeiten, Vorräte, Forderungen, Rückstellungen.Wie ist die Geschäftslage?- Höge des Eigenkapitals, Veränderung des Eigenkapitals gegenüber dem Vorjahr, Was hat sich in derG V getan bzw. verändert, Verhältnis Gewinn zu Umsatz, Gibt es irgendwelche Ausreißer bzw.Auffälligkeiten gegenüber dem VorjahrWie ist die finanzielle Lage?- Höhe der Schulden (insb. im Verhältnis zu Eigenkapital und Gesamtvermögen sowie zum Gewinn),Schuldenanstieg oder –reduktion.- Wie schaut das Working Capital aus? Das Working Capital gibt uns Auskunft, über die Liquidität desUnternehmens. Mehr dazu auf www.siart.at/steuerinfo/quizSiart-Fazit: Eigentlich gar nicht so wild, oder? Noch Fragen – rufen Sie uns an!Mag. Rudolf Siart,Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien,Siart Team Treuhand GmbH1160 WienEnenkelstraße 26Tel: 4931399Fax: 4931399/40,e-mail: si[email protected]: 20.05.13. Haftung ausgeschlossen.

Bilanz lesen für den Hausgebrauch Für viele Praktiker und Unternehmer gehört die Bilanz zum jährlichen Geschäft. Oft ist es aber so, dass der Steuerberater des Vertrauens die fertige Bilanz liefert und alle weiteren erforderlichen Schritte (Einreichung beim Firmenbuch, etc.) erledigt.File Size: 665KBPage Count: 5