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Carina Kühne Die SchauspielerinDas ganze Interview zum NachlesenREDAKTION: Was ist deine schönste Erinnerung aus deiner Kindheit?CARINA KÜHNE: Meine Geburtstage, die waren immer sehr schön. Da haben wir ganz vieleWettspiele gemacht.REDAKTION: Was waren eure Lieblingsspiele?CARINA KÜHNE: Normalerweise haben wir Montagsmaler gemacht. Oder Reise nachJerusalem. Da lag eine Tapete, um die man drum herum laufen konnte. Wenn die Musikstoppte, schnappte man sich gleich einen Stift und malte irgendwas.REDAKTION: Wie hast du sonst deine Zeit mit deinen Freunden verbracht?CARINA KÜHNE: Wir waren eigentlich hauptsächlich draußen bei schönem Wetter. Wir hatteneine Schaukel, auf der wir immer geschaukelt haben. Oder wir sind Kettcar gefahren und habenBoccia gespielt. Manchmal sind wir auf das Gartenhäuschen geklettert. Wir haben gerne Eisgegessen. Ja, das war auch sehr schön. Und wenn’s geregnet hat, sind wir reingegangen.Dann haben wir Spiele gespielt, Gesellschaftsspiele wie UNO und sowas. Und Musik haben wirauch gemacht.REDAKTION: Hattet ihr keine Angst, als ihr aufs Gartenhäuschen geklettert seid?CARINA KÜHNE: Nee, das war eigentlich sicher. Da bin ich zipp zack hochgeklettert.REDAKTION: Gab es da irgendetwas wovor du Angst hattest, als du jünger warst?CARINA KÜHNE: Spinnen. Große Spinnen sind ja eigentlich noch unheimlicher, aber auch sokleine die mag ich auch nicht so gerne. Und Nachtfalter, die mag ich leider immer noch nicht.Sie kommen einem irgendwie unheimlich vor.REDAKTION: Durftest du als Kind irgendetwas nicht machen, was dich geärgert hat?CARINA KÜHNE: Wenn ich nicht die gleichen Mathe Aufgaben rechnen durfte, wie meineKlassenkameraden. Wenn ich sie dann doch gemacht habe, hat meine Lehrerin die einfachausradiert. Das war nicht schön. Für die Radfahrprüfung durfte ich auch nicht üben. Ich habe jadas Down Syndrom und dann heißt das halt einfach ich kann das nicht. Nachher durfte ich esja dann doch machen. Mit einer anderen Klasse.1
REDAKTION: Und heute kannst du Radfahren?CARINA KÜHNE: Ja. Jetzt geht es zum Glück ganz gut. Es ist schön, dass ich auch mal wiederRadfahren kann, sowas verlernt man nicht.REDAKTION: Was ist deine schlimmste Erinnerung aus deiner Kindheit?CARINA KÜHNE: Als ich 5 Jahre alt war, haben meine Eltern sich getrennt. Da sind meineMutter, mein Bruder und ich von Berlin weg gezogen und nach Seeheim, weil leider mein Vaterohne uns glücklich werden wollte. Das war halt ein bisschen traurig. Aber da war ich ja aucherst 5 Jahre alt.REDAKTION: Fühlst du dich wohl in Seeheim Jugenheim?CARINA KÜHNE: Ja. Meine zwei Tanten kommen oft zu Besuch. Und das ist schön. Ich habe jaauch noch meinen weißen Schäferhund, den Berry. Es ist schön, wenn man so einen kleinenSüßen hat, mit dem man schmusen kann. Schmusen, kuscheln und spielen, das ist schonschön.REDAKTION: Gab es Momente oder Situationen, wo du dir als Kind gewünscht hattest, dass dukeine Behinderung hast?CARINA KÜHNE: Das war immer dann, wenn meine Lehrerin gesagt hat: ich kann das ja nichtkönnen, ich hab ja das Down Syndrom. Oder als ich die Zwangseinweisung in die Sonderschulebekommen habe. Das hat mich genervt. Eigentlich stört mich das Down Syndrom wirklich nicht.Ich lebe gerne, auch mit Down Syndrom. Georg Feuser hat ja gesagt: "Geistig behindert gibt esnicht." Und ich hab mich eigentlich nie geistig behindert gefühlt. Ich war eine gute Schülerin. InEnglisch war ich auch die Klassenbeste. Ich hatte als Einzige eine 1 im Zeugnis.REDAKTION: Ist dein Leben heute anders als du es dir als Kind vorgestellt hast?CARINA KÜHNE: Mein Leben ist sehr abwechslungsreich. Das hätte ich mir eigentlich nichtvorgestellt. Ich gebe gerne Klavierkonzerte. Ich bin bei Filmfestspielen mit dabei. Ich halteVorträge vor Studenten, über Inklusion. Und ich bin auch mal im Fernsehen, zum Beispiel beiTalkshows. Das hätte ich mir eigentlich nicht vorstellen können, dass ich mal sowas machendarf.REDAKTION: Wie hat dich deine Familie unterstützt?CARINA KÜHNE: Meine Mutter und meine Tante haben mich sehr gefördert. Ich habeeigentlich nie zu hören gekriegt: "Das kannst du nicht!". Sie sagen immer, “Wenn ich s heutenicht schaffe, dann schaffe ich es morgen”. Wir haben es immer ausprobiert. Mein Bruder hat2
zum Beispiel Übungsblätter von einem Klassenkameraden geholt und für mich eingescannt. Erhat dann die Ergebnisse gelöscht, so dass ich auch mitmachen durfte. Dadurch haben sie michsehr gefördert.REDAKTION: Was würdest du deinem jüngeren Ich heute gerne sagen?CARINA KÜHNE: Meine liebe Carina, ich habe zwar das Down Syndrom, aber ich weiß, ichschaff das trotzdem. Ich hab immer alles geschafft. Ich muss auch nicht traurig sein, wenn ichmal was nicht schaffe, weil ich dann beweisen kann, dass ich dann doch meine Ziele erreiche.Und, dass ich dann auch stolz darauf bin.REDAKTION: Wer war dein Vorbild, als du ein Kind warst?CARINA KÜHNE: Mein großes Vorbild war mein großer Bruder Tobias, der 8 Jahre älter ist alsich. Ich wollte immer alles machen, was er machen wollte. Wenn er zum Beispiel tauchenmochte, wollte ich das auch machen. Er hat immer so schöne Fotos gemacht und das war sowunderschön, dass ich das dann auch machen wollte. Oder Klavierspielen wollte ich auch. Ichwollte früher nicht immer gerne essen, das ging nur mit Musik. Da hat mein Bruder auch malgesagt: „Carina, du bist gemein, deinetwegen muss ich immer Klavier spielen.“ Das fand ermanchmal gar nicht gut. Jetzt ist er Arzt in Ludwigshafen. Er hat mich überall mitgenommen.Zum Beispiel in den Hörsaal, die Frühgeborenen Station und auch mal in den Operationssaal.Er hat mir alles gezeigt. Das ist wirklich ganz toll. Ich habe von ihm eine Menge gelernt. Ich binschon stolz auf ihn.REDAKTION: Wie bist du zum Tauchen gekommen und was gefällt dir daran so?CARINA KÜHNE: Ich hab 2010 mit dem Tauchen angefangen. Ich habe erstmal die Sachenausgeliehen bekommen und hatte eine Maske, womit ich gar nichts sehen konnte. Dann habeich mir bei der Bootsmesse in Düsseldorf mein ganzes Equipment selbst gekauft. Die neueMaske wurde bei Fielmann mit optischen Gläsern gemacht. Danach ging es ganz toll. Ichkonnte dann alle Übungen machen. Irgendwann war mein Tauchlehrer Marko so begeistert,dass er gesagt hat: „So Carina, du kannst bei mir jetzt einen Tauchschein machen.“ Darüberhabe ich mich wirklich ganz doll gefreut. Ich hätte das eigentlich nicht für möglich gehalten, dasser mir zutraut, dass ich einen Tauchschein machen könnte, auch wenn ich das Down Syndromhabe. Ich habe dann viel für die Prüfung üben und lernen müssen. Das war auch ganz toll. Alses dann so weit war, habe ich es bestanden. Da war nur eine einzige Frage, wo ich einenFehler hatte. Hätte ich nicht gedacht, dass ich mal sowas machen könnte.Was mir so am Tauchen gefällt ? Das Schwerelos sein, wenn man unter Wasser ist. DasSchweben an einem Riff entlang. Das ist wunderschön. Wenn man ganz bunte Fische sieht, dieganze Unterwasserwelt. Herrlich. In Dahab, in Ägypten, habe ich ein paar Mal einenBlaupunktrochen gesehen und eine Schildkröte. Ich war einmal so krank, dass ich nicht tauchen3
konnte. Als ich dann wieder tauchen konnte, war die Schildkröte auf einmal da. Es war, als obsie sagt: "Hallo! Ich bin auch schon wieder da." Das war sehr schön.REDAKTION: Wie viele Tauchgänge hast du schon gemacht?CARINA KÜHNE: Eigentlich weiß ich das gar nicht so richtig. Ich glaube fast über 40. Ich war anganz vielen verschiedenen Orten. In Ägypten, in Dahab, in Spanien, am Kulkwitzer See. Da warmein Bruder auch mit. Im Dive4Life in Siegburg habe ich meinen ersten 18m tiefen Tauchganggemacht. Weil ich ja jetzt einen offiziellen Tauchschein habe, darf ich auch mit zumBootstauchen. Was richtig aufregend ist, ist das Höhlentauchen. Oh, ist das herrlich!REDAKTION: Wie hast du so gut Klavierspielen gelernt?CARINA KÜHNE: Durch meine Tante. Sie ist meine Musiklehrerin. Sie hat mir viel zugetrautund hat viel Geduld für mich. Ich bin ihr immer noch dankbar, dass sie das mit mir gemacht hat.REDAKTION: Wie alt warst du, als du Klavierspielen gelernt hast?CARINA KÜHNE: Das weiß ich nicht mehr so genau. Da war ich noch ziemlich klein. Ich war dawirklich noch so ein kleines Püppchen und musste immer Puppenkleider anziehen.REDAKTION: Gibt es auch Tage, an denen du gar keine Lust hast, Klavier zu üben?CARINA KÜHNE: Ja, manchmal schon. Dann lasse ich es auch mal sein. Aber wichtig finde iches schon. Wenn ich zum Beispiel nochmal eine neue CD aufnehmen möchte, dann ist es jaauch wichtig, dass ich was spielen kann. Oder wenn ich mal wieder etwas vorspielen soll. Dannhabe ich auch wieder Lust zu üben. Ich habe schon mal den Schauspieler Hermann Luger vor2.500 Leuten begleitet, bei der Nationalhymne.REDAKTION: Welche Musik spielst du am liebsten auf dem Klavier?CARINA KÜHNE: Wenn ich am Klavier sitze, mag ich immer klassische Musik. Mozart, oderauch Haydn oder Bach. Von meiner Tante ist Beethoven der Lieblingskomponist. Manchmalmag ich auch ABBA sehr gerne, zum Beispiel Mama Mia. Das kann ich aber noch nicht so gut.Vielleicht klappt es ja doch irgendwann mal. Dafür muss ich halt viel üben.REDAKTION: Was macht dich sonst noch glücklich?CARINA KÜHNE: Wenn ich zum Beispiel bei Filmfestspielen Applaus kriege und über den rotenTeppich laufen darf. Dass ich einen Tauchschein habe, das macht mich auch glücklich. Wennich ein neues Klavierstück gelernt habe. Oder wenn Eltern von Kindern mit Down Syndromsagen, dass ich ihnen Mut mache.4
Und unser weißer Schäferhund, Berry. Der ist manchmal ein kleiner Jammerlappen. Aberansonsten ist er eigentlich ein ganz Lieber. Ein ganz süßer kleiner Spatz. Mit ihm kann ichimmer richtig viel schmusen. Er braucht viel Aufmerksamkeit und ich beschäftige mich viel mitihm. Ich bin glücklich, dass ich ihn habe. Manchmal film ich ihn auch. Ich gehe gerne mit ihmspazieren. So, dass er sich richtig frei bewegen kann, mehr als nur im kleinen Garten. DieHitze, die mag er nicht so gerne, aber laufen muss ja auch irgendwo sein. Für die Muskulaturund so. Manchmal legt er sich aber gern in den Schatten und lässt mich selbst etwas machen.REDAKTION: Seit wann hast du Berry? Wie war das, als du ihn neu bekommen hast?CARINA KÜHNE: Da war er noch so klein, so eine kleine Flauschkugel. Da konnte man ihnimmer überall rumtragen. Das war sehr schön. Er hatte noch so kleine Ohren, das war ganzniedlich. Aber er war auch so ein kleiner Wadenbeißer und hat einen in die Waden gebissen.Das war auch manchmal unangenehm.REDAKTION: Wie heißt dein Blog und worüber schreibst du?CARINA KÜHNE: Bei https://carinakuehne.wordpress.com/ kann man reinschauen. Da schreibeich meine Erlebnisse und alles über Inklusion auf. Ich setze mich ja sehr für Inklusion ein, alsofür behinderte Menschen und für Menschen mit Down Syndrom. Darüber schreibe ich vieleBeiträge. Es sind einige Filme drauf und auch ein Teil über meinen Film, Be My Baby, mitschönen Fotos. Da habe ich über meine erste Filmerfahrung geschrieben. Ich kriegeunglaublich viele Kommentare auf meinem Blog. Zum Beispiel von Familien, die auch Kindermit Down Syndrom haben. Die sagen, ich mache ihnen Mut, dass ich ihnen die Angst vor einembehinderten Kind nehme. Oder dass sie das genau so sehen, wie ich. Das ist so rührend, wassie manchmal schreiben. Irgendwie toll.Ich habe auch über die Präimplantationsdiagnostik und Pränataldiagnostik geschrieben undgesprochen. Dass man bei schwangeren Frauen feststellen kann, ob das Kind behindert istoder nicht. Da kommen dann auch ganz ganz viele Kommentare oder Feedbacks.REDAKTION: Wie ist denn deine Meinung zur Pränataldiagnostik?CARINA KÜHNE: Also ehrlich gesagt, ich würde es nicht machen. Wenn ich jetzt einbehindertes Kind kriegen würde, würde ich es trotzdem einfach so lassen, wie es ist. Ich würdees liebhaben. Also würde ich mir die Pränataldiagnostik auch ersparen. Ich weiß ja, manchewünschen sich halt perfekte Kinder. Wenn es auch traurig ist, dass etwa 95% der Föten mitDown Syndrom abgetrieben werden. Das finde ich sehr sehr schade. Weil Menschen mitDown Syndrom ja gerne leben. Es sind ja einfach auch nur Kinder und auch nur Menschen.Und wenn die dann ausgerottet werden, das finde ich dann nicht so schön.REDAKTION: Was war dein Traumberuf, als du klein warst?5
CARINA KÜHNE: Ich wollte gerne im Kindergarten arbeiten, weil ich Kinder liebe. AlsKinderpflegerin oder Erzieherin. Aber ich weiß, dass man dafür eine Kindererzieherausbildungbraucht. Das war eigentlich mein Traumberuf.REDAKTION: Was ist dein jetziger Beruf?CARINA KÜHNE: Ich bin jetzt Schauspielerin. Ich habe in dem Film Be My Baby die Hauptrollegespielt. Das hat mir viel Spaß gemacht. Die Dreharbeiten, die waren ganz toll. Es war schönauch mal so ein bisschen hinter die Kamera zu gucken. Mit anderen Schauspielern zu arbeiten,sie ein bisschen kennenzulernen, das war eigentlich die schönste Zeit. Es waren auch anderedabei, die auch das Down Syndrom haben. Nele Winkler zum Beispiel oder Jan Petrik Kern.Und ich habe wieder neue Leute vom Rambazamba Theater kennengelernt.REDAKTION: Wie bist du Schauspielerin geworden?CARINA KÜHNE: Ich bin Schauspielerin geworden durch meine Regisseurin, ChristinaSchiewe. Sie hat mich im Internet entdeckt und hat meine Homepage gelesen. Sie hat michgefragt, ob ich das machen möchte. Da war ich sehr begeistert. Sie hat mir das Drehbuchgeschickt und ich sollte es mir durchlesen. Als ich das dann gelesen habe, dachte ich: „Ach duliebes bisschen. Meine Güte was ist das denn für ein Drehbuch?“ Ich habe dann erstmal einenRückzieher gemacht, weil mir das am Anfang ein bisschen zu freizügig war. Das war dannschon ein bisschen traurig, als ich ihr das geschrieben habe. Sie hat mich gefragt: „Ja undwarum?“ Ich sollte die Punkte schildern. Das habe ich dann auch gemacht und ihr die Punkteper Mail geschrieben. Dann hat sie meinetwegen das Drehbuch geändert. Sie hat es mir dannnochmal geschickt, dass ich es dann nochmal durchlesen sollte. Und als ich s dann mirnochmal durchgelesen habe, habe ich dann gesagt: „Ja, jetzt mache ich s!“REDAKTION: Was solltest du denn machen, was dir nicht gefallen hat?CARINA KÜHNE: Für mich war es zu freizügig, diese Nacktszenen und so. Ich wollte mich nichtunbedingt vor der Kamera ausziehen. Man hat ja irgendwie schon seine Intimsphäre. Obwohles bei so einem Liebesfilm eigentlich so ist, dass man sowas machen sollte. Aber das wollte ichauf keinen Fall.REDAKTION: Gibt es noch andere Situationen, die dir an der Schauspielerei nicht gefallen?CARINA KÜHNE: Es ist halt schwer, Rollenangebote zu bekommen. Und es ist leider auch oftso, dass es immer noch viele Klischees gibt. Zum Beispiel wie ein Mensch mit Down Syndromzu sein hat. Die laufen zum Beispiel mit einem Teddybär rum und können sich nicht normalverhalten. Der Schwerpunkt ist immer darauf, was sie nicht können. Das finde ich schon einbisschen schade. Und dass man Menschen mit Behinderung, mit Down Syndrom nichts zutraut.Ich möchte halt schon, dass man jemandem auch was zutraut. Man guckt immer nur auf6
Defizite, was man nicht kann. Es ist ja auch schön, wenn man stolz sein kann und sagen kann:“Ich hab mal eine Hauptrolle gespielt.”REDAKTION: Was ist sonst noch schwierig an der Schauspielerei?CARINA KÜHNE: Es ist halt schon schwer überhaupt eine Rolle zu bekommen. Es gibt jawirklich ganz, ganz viele Schauspieler und Schauspielerinnern, die alle eine Rolle haben wollen.Aber es können ja nicht alle eine bekommen. Gut, manche vielleicht schon. Ich war bei vielenCastings für meine Filmmutti mit dabei und da waren drei verschiedene, die hätten gerne dieRolle haben wollen. Sie hatten sich dann eigentlich für Inga Busch entschieden. Aber ich wolltelieber mit Christina Große spielen. Und dann irgendwann haben sie sich doch für die Großeentschieden. Es kann halt immer nur einer die Rolle kriegen. Ich kann da schon wirklich frohsein, dass ich es geschafft habe die Hauptrolle zu bekommen. Nele Winkler hätte auch gernedie Hauptrolle gehabt. Aber dann wollten sie mich eigentlich haben und haben michausgesucht. Es ist auch gar nicht so einfach Rollen zu vergeben. Wenn zum Beispiel 20gecastet werden mussten hat auch nur einer die Rolle gekriegt. Und 19 mussten leider auchwieder abgesagt werden.REDAKTION: Was meinst du ist in deinem Beruf anders für dich, als für Menschen ohneBehinderung?CARINA KÜHNE: Bei einem Schauspieler, der nicht behindert ist, der vom Drehbuchvorgeschrieben bekommt, dass er rumschreien oder aggressiv werden muss, denkt man dann:“Ja, der spielt toll. Ganz tolle schauspielerische Leistung, unglaublich.” Aber wenn ein Menschmit Down Syndrom so etwas spielt, dann denkt man: “Ja die sind halt so. Die können sich nichtanderes verhalten.” Aber eigentlich ist das ja auch eine super Leistung, was man da bringt. Dasfinde ich ein bisschen traurig.REDAKTION: Gibt es Wunschrollen, die du gerne spielen würdest?CARINA KÜHNE: Ja, zum Beispiel im Traumschiff könnte ich mir vorstellen. Das ist auf einemKreuzfahrtschiff, dann könnt man da auch gleich abtauchen. Das wäre ganz toll. Oder bei derFersehserie Doktor Klein, mit der kleinwüchsigen Schauspielerin. Da eine Schwesternschülerinoder eine Praktikantin zu spielen. Was ich auch sehr schön finde: Das Geheimnis der Wale mitVeronika Ferres. Von ihr bin ich ja ein Fan und da hätte ich gerne mitgespielt. Das wäre auchbestimmt ganz toll gewesen. Mit ihr mal zusammen tauchen mit Walen. Oh schön. Herrlich.REDAKTION: Welche weiblichen Schauspielerinnen findest du toll?CARINA KÜHNE: Eigentlich gibt es ganz viele. Aber ich denke, Christina Große kann gut meinVorbild sein. Ich mag sie sehr gerne und kenne sie auch persönlich. Sie ist einfach wirklich sehrnett. Sie wohnt in Berlin und da habe ich sie auch ein bisschen privat kennengelernt. Ja, alsoich finde, spielen tut sie super. Wenn sie zum Beispiel eine traurige Phase spielen muss oder7
so. Und wenn sie dann anfängt auch mal ein bisschen lauter zu werden. Ganz toll finde ichauch die lustigen Phasen oder wo du nachdenken musst. Da habe ich schon ein richtig gutesVorbild.REDAKTION: Würdest du gerne berühmt sein?CARINA KÜHNE: Ja, schon irgendwie. Vielleicht kann man dadurch ein bisschen wasverändern. Ich setze mich ja sehr für Inklusion ein. Durch berühmt zu sein, denke ich, könnteman vielleicht auch einen kleinen Beitrag für die Inklusion geben. Wäre ja auch toll, wenn sichda ein bisschen was ändern könnte.REDAKTION: Was haben deine Familie und deine Freunde dazu gesagt, als du dichentschieden hast Schauspielerin zu werden?CARINA KÜHNE: Meine Familie und meine Freunde fanden es ganz toll, ganz super. Abereinige haben auch gesagt: „Nee, das wäre dann doch nicht so das Wahre. Ist ja doch nicht sotoll, die Schauspielerei. Eine Festanstellung wäre schon besser.“REDAKTION: Warum meinst du, haben die das gesagt?CARINA KÜHNE: Weil sie so auch denken, dass eine Festanstellung besser ist. Dass manauch wirklich etwas macht, wo man ein bisschen was verdienen kann.REDAKTION: Auf was bist du besonders stolz?CARINA KÜHNE: Ich bin stolz, dass ich eine Hauptrolle in einem Film bekommen habe. Dassder Film Be My Baby bei den Filmfestspielen und dem Publikum so gut angekommen ist. Dassich über den roten Teppich laufen kann und Applaus kriege. Da bin ich schon stolz drauf. Ichfreue mich auch immer darüber, wenn ich Anerkennung für meine schauspielerische Leistungbekomme. Oder, wenn ich wieder ein neues Klavierstück spielen kann. Dass ich trotz allerWiderstände einen Schulabschluss erreicht habe. Meine Mutter hat wirklich dafür gekämpft,dass ich den Schulabschluss machen durfte. Dafür bin ich ihr schon dankbar, dass sie dasgemacht hat für mich.REDAKTION: Was ist das Wichtigste, was du in deinem Leben gelernt hast?CARINA KÜHNE: Das kann ich eigentlich ganz schnell sagen: Das Lesen, Schreiben, Rechnen.Da kann ich mein ganzes Leben drauf bauen. Sonst hätte ich auch nicht so gut Klavier spielenkönnen. Darum kann ich auch mit dem iPhone und dem iPad umgehen. Dadurch kann ichselbstständig sein und mich gut zurechtfinden.REDAKTION: Was war das Wichtige, was du gelernt hast, über andere Menschen?8
CARINA KÜHNE: Dass ich für andere Menschen auch ein Vorbild sein kann. Dass ichMenschen zeigen kann, dass ich Klavier spielen kann, dass ich mich selbst zurechtfinde, dassich weite Strecken mit der Bahn fahre und Fahrpläne lesen kann. Dass ich richtig selbstständigbin. Dass ich alles machen kann, was Freude und Spaß macht. Das finde ich sehr schön.CARINA KÜHNE: Ich heiße Carina Kühne, bin 30 Jahre alt, wohne in Seeheim Jugenheim undbin jetzt Schauspielerin.9
Mutter, mein Bruder und ich von Berlin weg gezogen und nach Seeheim, weil leider mein Vater ohne uns glücklich werden wollte. Das war halt ein bisschen traurig. Aber da war ich ja auch erst 5 Jahre alt. REDAKTION: Fü