Transcription

Berufe in der Informatik

Ich bin mein eigener Chef!«Im Kern geht es immer um Kommunikation.»Flavio Pfaffhauser12Ich sehe den Kontexteines Problems!6«Während des Studiums habe ich gelernt,wie man eine Aufgabe methodisch anpackt.»Ich löse gerne Rätsel!«Durch meinen Beruf muss ich michimmer wieder mit neuen Technologienauseinandersetzen.»Theano MintsiTheresa Luternauer24Ich bin auf der Spur der Hacker!«Man glaubt es kaum, aber Passwörter wie Kevin1999 sindkeine Seltenheit.»Thushjandan PonnuduraiHasler StiftungDie Hasler Stiftung geht zurück auf Gustav Hasler, den Eigentümerder Hasler-Werke. Er brachte 1948 sein Unternehmen, das aus derEidgenössischen Telegraphenwerkstätte hervorgegangen war, in eineStiftung ein, um es durch sie in seinem Sinn und Geist über seinenTod hinaus weiterzuführen und zugleich das «schweizerische Telephon- und Telegraphenwesen» zu fördern. Heute ist die Hasler Stiftung eine von jeglichen Firmeninteressen unabhängige Stiftung zurFörderung von Bildung, Forschung und Innovation im ICT-Bereichzum Wohl und Nutzen des Denk- und Werkplatzes Schweiz. Die Stiftung fördert jedes Jahr mit mehreren Millionen Franken Bildungsund Forschungsprojekte in der Informatik und beteiligt sich im Rahmen ihrer Innovationsförderung an Start-ups, die neue Informationsoder Kommunikationstechnologien entwickelt haben.2Berufe in der Informatik8

Inhalt16Ich helfe die Weltzu verändern!«Der Computer gibt uns die Möglichkeit,Szenarien durchzurechnen und dadurchzu besseren Entscheidungen zu kommen.»Elke Schaper4 Wege in die InformatikImpressumHerausgeberin Hasler Stiftung, Hirschengraben 6, 3011 Bern,Telefon 031 381 41 41, jektleitung Myriam Hofmann,Senarclens, Leu Partner AG, ZürichLayout, Konzept, Design Michael Nitsch,null-oder-eins.ch, visuelle gestaltungen, ZürichRedaktion Myriam Hofmann, Michelle Wirz,Senarclens, Leu Partner AG, Zürich; Jost Dubacher,Journalistenbüro JNB, Luzern; Robert Weiss, MännedorfFotos Franziska Martin Fotografie, Robert Weiss (Seite 30),sutterstock.de (Seite 30: ENIAC)Übersetzung und Lektorat Supertext AG, Zürich;Martin Schellenberg, WetzikonDruck FO-Fotorotar, Egg/ZürichAuflage 8000 (Deutsch)/2000 (Französisch) Hasler Stiftung, 2018Bestellung weiterer Broschüren: SVIA-SSIE-SSII, c/o Senarclens,Leu Partner AG, [email protected], Telefon 043 305 05 90BegleitgruppeDr. Andrea Leu, Schweizerischer Verein für Informatikin der Ausbildung (SVIA)Andrea Schürpf, Leiterin Marketing und Kommunikation,ICT-Berufsbildung SchweizSandra Herkle, Leiterin Kommunikation und Marketing,Departement Informatik, ETH ZürichProf. Dr. René Hüsler, Direktor Hochschule Luzern – Informatik681011121415161819202122232426Interview: Theano MintsiInterview: Thushjandan PonnuduraiPorträt: Laura SgierSteckbrief: Lorenza RosselliInterview: Flavio PfaffhauserPorträt: Andreas ParediSteckbrief: Adriana SchmidInterview: Elke SchaperPorträt: Dominik WüstPorträt: Ming ZhengSteckbrief: Pascal JosephyPorträt: Daniel KohlerPorträt: Jeremie LevySteckbrief: Lucas Daniel WittwerInterview: Theresa LuternauerPorträt: Robin Hermanek27 Lehre? Fachhochschule? Universitäre Hochschule?30 Wussten Sie schon? Kurioses aus der IT31 Neun gute Gründe, sich für die Informatik zu entscheidenDie Hasler Stiftung dankt der Begleitgruppe und allen Personen,die an der Erstellung dieser Broschüre beteiligt waren. Insbesonderegeht der Dank an die Informatikerinnen und Informatiker, diesich für die Porträts zur Verfügung gestellt haben.Berufe in der Informatik3

Duales BildungssystemWege in die InformatikDas Schweizer Bildungssystem kennt zwei Wege zu den Informatikberufen:einerseits über eine Berufslehre mit vielen Weiterbildungsmöglichkeiten,andererseits über eine Mittelschule mit anschliessendem Hochschulstudium.Informatikausbildung über Gymnasiumund HochschuleDieser Weg führt über eine gymnasiale Maturazum Informatikstudium an einer universitärenHochschule (Universität oder ETH) mit Bachelorund Masterabschluss.Das dreijährige Bachelorstudium versteht sichals Grundlagenstudium. Die Studierenden lernenneben den mathematischen und naturwissenschaft lichen Grundlagen die fundamentalen Methodenund Konzepte der Informatik wie Programmierung, Algorithmen, Betriebssysteme, Computergra fik und Informationssicherheit kennen. Viele Stu dieninhalte sind im Bachelorstudium vorgegeben,eine oder mehrere Vertiefungsrichtungen kön nendie Studierenden jedoch frei wählen.Im Masterstudiengang vertiefen die Studierenden ihr im Bachelorstudium erworbenes Wissen inder Informatik in einem oder mehreren Teilgebieten. Die Bandbreite der Vertiefungsrichtungen istgross und variiert von Hochschule zu Hochschule.Die Studierenden sind nach dem Abschluss in derLage, neuartige, schwierige Probleme der Informatik und ihrer Anwendungen mit wissenschaftlichenMethoden selbständig zu bearbeiten. Das Masterstudium bereitet einerseits auf eine anspruchsvolleLinien- oder Leitungsfunktion in der Praxis undandererseits auf ein Doktorat und eine möglicheakademische Laufbahn vor. Das Masterstudiumdauert in der Regel drei oder vier Semester.Mit einer gymnasialen Matura und einem JahrBerufspraxis steht Interessierten auch das Fachhochschulstudium (FH) offen.Informatikausbildung über eine Berufslehremit WeiterbildungsmöglichkeitenDie vierjährige Informatiklehre umfasst die praktische Tätigkeit in einem Betrieb und den Unterricht an einer Berufsfachschule. Neu kann aucheine dreijährige Lehre zur ICT-Fachfrau oder zumICT-Fachmann abgeschlossen werden. Im Praktikums- oder Lehrbetrieb wird das eigentliche Handwerk gelernt, das heisst, es werden Fertigkeiten,4Berufe in der InformatikFähigkeiten und Kompetenzen eingeübt und vertieft. In der Berufsfachschule wird das Grundwissen in einem Baukastensystem aus verschiedenenModulen erworben. Die Lehre führt in vier Jahrenzum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) alsInformatikerin beziehungsweise Informatiker. Parallel oder nach träglich kann die Berufsmaturaabsolviert werden. Das EFZ kann in einzelnenKantonen auch in einer vierjährigen Informatikmittelschule oder in Privatschulen mit Betriebspraxis erworben werden.Die Informatiklehre gliedert sich in die dreiFach richtungen Applikationsentwicklung, Betriebs informatik und Systemtechnik. Betriebsinformatikerinnen und -informatiker verfügen über eineeher generalistische Ausbildung. Sie nehmen Ge räte in Betrieb, überprüfen neu eingehende Soft ware- Versionen, führen diese ein und überwachendie Server und die Prozesse. Sie stellen den Kunden- und den Benutzersupport sicher und sorgenfür die Betriebssicherheit.In der Applikationsentwicklung dreht sich fastalles ums Programmieren. Fachleute dieses Gebietsmüssen herausfinden, was der Kunde wünscht, wiedas Projekt aufgesetzt wird und welche Lösungsinnvoll ist. Anschliessend gilt es, die Lösung zuprogrammieren und auf Herz und Nieren zu testen,bevor sie eingeführt wird. Schulung und Dokumentation sind weitere Bereiche dieser Ausbildung.Systemtechnikerinnen und -techniker planen,realisieren und administrieren ICT-Netzwerke. Dazugehören die Installation und die Konfiguration vonPC-Arbeitsplätzen und der Server, aber auch dieÜberwachung der IT-Komponenten, damit dieseden Anwendern unterbrechungsfrei zur Verfügungstehen. Systemtechnikerinnen und -techniker sindzudem für das Back-up, das heisst die Datensicherung, verantwortlich.ICT-Fachfrauen und ICT-Fachmänner werdenin einer dreijährigen Lehre ausgebildet. Sie be treuen Kundinnen und Kunden und installierenHard- und Software. Nach der Berufsmatura stehtder Weg in die Fach hochschule (FH) offen, der in

Duales BildungssystemDas Schweizer BildungssystemDirekter ZugangZugangsqualifikationen erforderlichWeiterbildungHöhere holbildung, turitätBerufliche hhochschulenUniversitätenund ETHGymnasiale MaturitätMittelschule, GymnasiumSekundarstufe torische Schulzeitdrei Jahren zum Bachelor FH, allenfalls später zueinem Master abschluss führt. Es eröffnet sich aberauch der Weg zu einer – meist zweijährigen – Ausbildung an einer Höheren Fachschule (Diplom HF)oder zu einer berufsbegleitenden höheren Berufs bildung (eidgenössischer Fachausweis oder eidgenössisches Diplom).Mit der Berufsmaturitätdirekt an die FachhochschuleDas dreijährige Bachelorstudium an einer Fachhochschule vertieft und erweitert die theoretischenGrundlagen, die Konzepte und Methoden derInformatik sowie die sogenannten Soft Skills wieKommunikation und Präsentation. Die Studierenden wenden Gelerntes unmittelbar an und erhalten kontinuierlich Einblicke in die Berufswelt. Mitdiesem direkten Bezug zur Praxis besteht die Möglichkeit, sich in einem breiten Spektrum an Ver-tiefungen zusätzliche Kompetenzen zu erwerben.Nach dem berufsbefähigenden Bachelorstudiumkann im Rahmen eines Masterstudiums eine weiterethematische Spezialisierung erfolgen.Flexible Übergänge,viele SpezialisierungsmöglichkeitenZwischen den beiden Ausbildungswegen (über Berufslehre oder Gymnasium) und zwischen denHochschultypen (universitäre Hochschule oderFachhochschule) kann an bestimmten Stellen gewechselt werden, allerdings meistens verbundenmit einem Zusatzaufwand. Es gibt auf allen Stufenund in vielen Formen ein grosses Aus- und Weiterbildungsangebot. Einerseits, um sich zu spezialisieren oder die Spezialisierung auf ein breiteres Fundament zu stellen, andererseits, um sich lebenslangweiterzubilden und damit für den IT-Arbeitsmarktattraktiv zu bleiben.Berufe in der Informatik5

InterviewWieso haben Sie sich für die Informatik beziehungsweisedie Ingenieurwissenschaften entschieden?Die Schule für Electrical Engineering in Thessaloniki hat einen sehr guten Ruf und istfür die hohe Qualität ihrer Studiengänge bekannt. Das war mir wichtig. Zudem war ichim Gymnasium immer gut in Mathe, Physik und im logischen Denken. Ich wollte nieein Studium anfangen, bei dem man viel auswendig lernen muss. Deshalb entschied ichmich für die Ingenieurwissenschaften.Sie sind in die Schweiz gekommen, um Ihren Master zu machen.Wie kam es dazu?Ganz allgemein wollte ich etwas mehr Grundlagen in der Informatik sammeln. Inmeinem Studium in Griechenland schauten wir zwar viele unterschiedliche Bereiche an,aber keinen sehr tief. Zudem hatte ich in Griechenland einen Professor, den ich sehrmochte, und er schlug mir vor, den Master in der Schweiz an der ETH Zürich oder ander EPFL zu machen. So landete ich in Lausanne!«In Griechenlandgibt es viele Frauen,die Informatik oderIngenieurwissenschaften studieren.»Frauen in der Informatik sind in der Schweiz eher selten. Ist dasin Griechenland ähnlich?Nein, überhaupt nicht! In Griechenland gibt es viele Frauen, die Informatik oderIngenieurwissenschaften studieren. Ich war sehr überrascht, als ich in Lausanne ankamund sah, dass ich eine der wenigen Frauen im Studiengang war. Meine Studienkollegenwaren auch sehr erstaunt, dass ich mich für Computer Science entschieden hatte, aberich fand das ganz normal. Ich verstehe auch nicht, wieso es in der Schweiz so wenigeFrauen gibt, die Informatik studieren.Was fasziniert Sie an der Informatik und an Ihrer Tätigkeitals Software-Ingenieurin?Ich löse gerne Rätsel! Ich mag es, dass meine Arbeit so abwechslungsreich ist, ich michmit neuen Tools und Projekten auseinandersetzen muss und dabei auch immer etwasdazulerne. Bei AdNovum haben wir einen hohen Qualitätsanspruch, das fordert michzusätzlich und treibt mich an, gute Arbeit abzuliefern. Auch die Firmenkultur hier gefällt mir sehr gut, meine Kolleginnen und Kollegen sind sehr nett und hilfsbereit, ichhabe nie «schlechte» Konkurrenz erlebt.Und Ihre Freizeit? Wird Sie auch von Bits und Bytes bestimmt?Ja, ein bisschen. Durch meinen Beruf muss ich mich immer wieder mit neuenTechnologien auseinandersetzen, das mache ich manchmal auch am Wochenende. Ansonsten koche ich sehr gerne, verbringe Zeit mit Freunden und gehe im Winter Skifahren und im Sommer schwimmen. Ich bin aber nicht so übertrieben sportlich wie diemeisten Schweizer!Welche Pläne haben Sie für die kommenden Jahre?Ich werde sicher noch eine Weile für AdNovum arbeiten. Wir haben hier sehr guteMöglichkeiten, uns weiterzuentwickeln. So genau weiss ich noch nicht, wo ich in zehnJahren stehen werde, vielleicht kehre ich irgendwann auch nach Griechenland zurück!Theano Mintsi (32)Software-Ingenieurin bei AdNovumLaufbahnGymnasium in Thessaloniki, Griechenland, Diplom alsElektroingenieurin am Institut für Electrical and ComputerEngineering an der Aristotle University of Thessaloniki inGriechenland, Master in Computer Science an der EPFLmit Masterarbeit an der ETH, seit 2014 bei AdNovum

Ich mag es, Rätsel zu lösen!Berufe in der Informatik7

InterviewWas denken Sie, wenn Sie «bring your own device» hören, Herr Ponnudurai?In erster Linie an viel, viel Arbeit (lacht). Nein, im Ernst: An der Uni Bern dürfen dieStudenten mit ihren eigenen Tablets, PCs oder Smartphones auf das Hochschulnetzzugreifen. Wir reden von rund 17 000 Nutzern mit teilweise mehreren Gadgets. Für unsals Security-Verantwortliche bedeutet das eine grosse Herausforderung.Warum?Weil viele Endgeräte mit Viren und anderer Schadsoftware verseucht sind. Ich stelleimmer wieder fest, dass viele meiner Altersgenossen extrem leichtfertig mit dem ThemaIT-Sicherheit umgehen. Man glaubt es kaum, aber Passwörter wie Kevin1999 sind keineSeltenheit.Was tun Sie, wenn Sie feststellen, dass das Tablet von Kevin1999infiziert ist?Bei Schadprogrammen, die harmlos sind und beispielsweise Werbung einblenden, unternehmen wir gar nichts. Aktiv werden wir jedoch, wenn wir auf einem eingeloggtenGerät einen Bank-Trojaner entdecken, der die Kontoinformationen des Nutzers ausspäht. Dann warnen wir den Betroffenen.Sie sprechen von wir. Wie gross ist das Team, dem Sie angehören?Die Infrastrukturgruppe, die für den Betrieb des Uni-Netzwerks zuständig ist, umfasstzehn Personen. Ich und meine beiden Kollegen betreuen die Hardware- und Software-Komponenten, welche das System – Server, Speicher, Anwendungen und natürlichDaten – vor Missbrauch schützen. Dazu muss man wissen, dass die Uni Bern rund 5000Forscher, Dozenten und andere Mitarbeiter beschäftigt. Viele von ihnen sind in ihremFach international anerkannt. Ausserdem ist die Uni ein wichtiger Ansprechpartner fürdie Wirtschaft. Das macht sie attraktiv für Hacker.Welche Ziele verfolgen die Angreifer?Sie wollen entweder unseren Betrieb lahmlegen, zum Beispiel mit einer Denial- ofService-Attacke, oder sie sind auf Daten aus. Wir sprechen dann von Industrie- undForschungsspionage.Wer sind die Täter?Wenn wir das wüssten Natürlich gehen wir den Spuren nach. Sie führen aber oft indas sogenannte Darknet, wo die Leute komplett anonym unterwegs sind. Und damitnicht genug: Selbst wenn wir denjenigen identifizieren könnten, der eine Attacke geführt hat, heisst das noch lange nicht, dass wir den wahren Täter, den Auftraggeber,kennen. Viele Hacker, die vom Darknet aus operieren, werden von Hintermännernbezahlt.Das klingt spannend wie ein Krimi.Ist es auch. Die IT-Security ist ein faszinierendes Gebiet. Deshalb habe ich auch einberufsbegleitendes Bachelorstudium an der FH Luzern begonnen. Als Schwerpunkthabe ich die Themen Enterprise IT und Security gewählt, was es mir erlaubt, das an derHochschule erworbene Wissen im Job anzuwenden.Wie sehen Ihre weiteren beruflichen Pläne aus?Vermutlich werde ich noch den Master machen. Danach strebe ich eine Karrierein einem Grossbetrieb an. Die Gesamtverantwortung für eine Unternehmens-Cloudwürde mich reizen. Ich weiss, dass ist ein ehrgeiziges Ziel, aber ich bin auf Kurs undüberzeugt, dass ich es packen werde.«Die IT-Security ist einfaszinierendes Gebiet.»Thushjandan Ponnudurai (23)Systemadministrator und Betreuer Sicherheits anwendungenan der Universität BernLaufbahnInformatiklehre mit Berufsmittelschule, Universität Bern,Teilnahme an den Berufsweltmeisterschaften WorldSkills inSão Paulo, 2014 Beginn berufs begleitendes Informatikstudiuman der Hochschule Luzern

Auf der Spurder HackerBerufe in der Informatik9

PorträtAn der Schnittstellezwischen IT und BenutzerLaura Sgier strahlt, wenn sie erzählt, was sie beruflich macht: «Ich bin in der IT tätig und habe sehrviel mit Menschen zu tun. So kann ich meine soziale Seite ausleben!» Seit knapp drei Jahren arbeitet Laura als User Experience Architect bei Zeixund konzipiert und gestaltet Websites. Der Fokusliegt dabei immer auf dem Nutzer. Laura erklärt:«Websites müssen sich an den Bedürfnissen derEndnutzer, der User, orientieren. Es ist wichtig,dass sie rasch finden, was sie suchen.»Mehr als ProgrammierenUser Experience Architects sind nicht zu verwechseln mit Programmierern: Lauras Arbeit beinhaltetnicht die eigentliche Entwicklung, also das Codieren der Websites, sondern den ganzen Prozessdrum herum. «Als Erstes müssen wir in Erfahrungbringen, was unsere Kunden brauchen.» Dafürwerden zum Beispiel User-Befragungen und -Beobachtungen durchgeführt, um zu evaluieren, wieeine Website aufgebaut und strukturiert sein soll.Danach geht es in die Konzeption, bei der mit Stiftund Papier die ersten Entwürfe entstehen. In einemiterativen Prozess, bei dem die Kunden und Nutzerstark involviert werden, bildet sich das finale Konzept heraus, das schliesslich in einem interaktivenPrototyp visualisiert wird. Nach der Konzeptionkommen die Visual Designer ins Spiel, und erstdann wird programmiert.Der Mensch im MittelpunktIn Lauras Beruf braucht es viel Empathie, denn derUmgang mit Menschen ist zentral für ihre Arbeit:«Die Tests, die wir mit Benutzern durchführen,sind ausschlaggebend dafür, wie eine Website odereine App aussehen wird.» Aus ihrer Erfahrung beiZeix zeichnet sich für Laura ab, dass Jugendlichedie härtesten Kritiker sind: «Sie kennen die digitaleWelt von Geburt an und sind gnadenlos – wennetwas nicht reibungslos funktioniert, hat das Produkt keine Chance!» Umso wichtiger ist es deshalb,10Berufe in der Informatikin der Produktentwicklung eng mit den Nutzernzusammenzuarbeiten und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Nicht nur die menschenzentrierte Arbeit,sondern auch die vielen unterschiedlichen Projekte, die Laura betreut, faszinieren sie. An einem Tag

Steckbrief«Viele Probleme der heutigen Zeit könnendank der Informatik gelöst werden.»Lorenza Rosselliarbeitet sie für eine Versicherung, am nächsten füreine Hochschule. «So lerne ich unglaublich viel.Ich muss mich in den Nutzer hineinversetzen undmit seinem Tätigkeitsgebiet vertraut sein.»«Der Fokus auf UXDesign, also UserExperience Design,wird in Zukunftsicher noch starkwachsen.»Laura SgierLaura Sgier (28)User Experience Architect bei ZeixLaufbahnKurzzeitgymnasium St. Klemens, Modedesignan der F F Schule für Kunst und Design,Auslandaufenthalt in Antwerpen, Bachelorof Arts in Design Management an der HSLU,2015 Einstieg bei ZeixVom Modedesign in die ITLaura kam auf Umwegen in die IT-Branche. Diestudierte Modedesignerin wusste schon früh, dasssie entweder eine Tätigkeit im Kreativ- oder imPsychologiebereich ausüben wird. Nach dem Studium war sie ein halbes Jahr in Belgien tätig undmachte ein Praktikum in der Modebranche.Schnell merkte sie, dass dies nichts für sie war: «Irgendjemand bestimmt, dass diese Saison Rot dieneue Trendfarbe für Hosen ist, und so werdendann alle Hosen rot designt. Ich wollte etwas Relevanteres tun.»Zurück aus Belgien entschied sie sich, denBachelor in Design Management zu absolvieren.Dabei setzte sie sich mit Designprozessen und digitalen Medien auseinander und fokussierte schliesslich auf Human Centered Design. So kam sieschliesslich zu Zeix.Was ist benutzerfreundlich?Ihr Sinn für benutzerfreundliche Produkte begleitet Laura auch in der Freizeit: «Man wird schonsehr sensibilisiert. Ganz allgemein achtet manmehr darauf, ob etwas benutzerfreundlich ist. Daskann zum Beispiel auch ein Waschbecken sein, beidem man sich fragt, ob man nun einen Knopf drücken, die Hand vor einem Sensor bewegen oderden Wasserhahn drehen muss, damit das Wasserfliesst.»Wie geht es weiter mit der Benutzerfreundlichkeit? «Der Fokus auf UX Design, also User Experience Design, wird in Zukunft sicher noch starkwachsen und auch immer wichtiger werden»,meint Laura, «denn wir alle werden immer anspruchsvoller und erwarten eine hohe Qualität derProdukte!»Lorenza Rosselli wagte nach der Mittel schule direktden Sprung in die Informatik: Auf die Ausbildungan der Informatikschule Trevano folgten das Informatikstudium an der Fachhochschule SüdschweizSUPSI mit dem Abschluss 2007 und der beruflicheEinstieg bei Aptar, einer Unternehmensgruppe inder Verpackungsindustrie, die Dosier- und Spendersysteme herstellt. Lorenza Rossellis erste Stationwar der Helpdesk. Hier verschaffte sie sich einenÜberblick über die Firma, die Mitarbeitenden unddie verschiedenen Tätigkeitsbereiche. Diese Kenntnisse waren für ihre nächste Aufgabe als Informatikverantwortliche der internen Produktionsanlaufstelle sehr nützlich. Schon bald war sie für lokale,regionale und globale Projekte tätig und entwickelteunter anderem ein System, das sich in den Bereichen Pharma, Beauty & Home sowie Food & Be verage um das Produktionsmanagement, die Logistik, Wartung, Überwachung und Berichterstattungkümmerte. Diese Aufgabe führte sie oft ins Ausland, sie arbeitete mit Menschen in verschiedenenLändern zusammen und lernte deren Arbeits- undDenkweisen kennen. Noch heute profitiert sie beruflich wie privat von den Erfahrungen aus dieser Zeit.Die Möglichkeit, anderen Menschen das Leben zuerleichtern und zu vereinfachen, ist für Lorenza dasFaszinierendste an der Informatik. Viele Problemeder heutigen Zeit, so ihre Überzeugung, könnendurch die Informatik gelöst werden. Vieles wird einfacher, daneben hat die Informatik das Potenzial,völlig neue Herangehensweisen an bestehendeFragestellungen zu eröffnen.Auch privat nutzt Lorenza ab und an ihre Informatikkenntnisse, etwa um die Website ihres Chorszu gestalten und zu programmieren. Ihren Kindernmöchte sie die Freude an der Informatik weitervermitteln. Ihre zwei Jungs sind momentan noch kleinund interessieren sich für Spielplätze und Duplos.Aber sie werden sicherlich schon bald unter fachkundiger Anleitung ihrer Mutter die spannende Weltder Computer erkunden können.Lorenza Rosselli (32)Global Test Management, AptarGroup SALaufbahnGymnasiale Matur, Informatikstudium an der SUPSI,CAS FH Project Management, CAS FH Senior Management,HelpDesk und Local Business Analyst, Regional und späterGlobal Applications Services Analyst, Internal Quality AssuranceAnalyst für Global MES, Global Test ManagementBerufe in der Informatik11

InterviewFür den Laien, Herr Pfaffhauser, was macht die Firma Beekeeper?Wir bringen das Schwarze Brett mit den internen Mitteilungen aufs Smartphone. Dafürhaben wir verschiedene Kommunikationsfunktionen wie Chats oder Feeds zu einemProdukt gebündelt, das wir als Software as a Service (SaaS) zur Verfügung stellen. UnsereKunden sind vorwiegend Unternehmen, in denen viel von Hand gearbeitet wird. In derGastronomie, in der Industrie oder auf dem Bau sitzen noch nicht alle Menschen amSchreibtisch. Über unsere App können Management und Mitarbeiter auch in diesenBranchen miteinander kommunizieren.Viele Arbeitnehmer in den von Ihnen genannten Branchen sprechen kaumoder gar nicht Deutsch. Wie lösen Sie dieses Problem?Wir haben eine Übersetzungsfunktion hinterlegt. Auf Wunsch spricht Beekeeper auchPortugiesisch oder Serbokroatisch.Wie viele Unternehmen nutzen Ihre App zurzeit?Das habe ich noch nie gezählt. Was ich aber sagen kann, ist, dass wir in mehr als130 Ländern aktiv sind. In der Schweiz arbeiten wir zum Beispiel für die beidenNahrungsmittelhersteller Ricola und Rivella.Entstanden ist Beekeeper aus einer Flirtplattform. Stimmt das?(Lacht.) Ja, das trifft zu. Einige Zeilen Code, die ich damals geschrieben habe, werdenimmer noch verwendet. Denn im Kern geht es immer um Kommunikation; nur dassjetzt Mitarbeiter miteinander kommunizieren statt abenteuerlustige Studis.Viele Menschen trauen sich nicht, eine eigene Firma zu gründen. Sie sinddas Risiko eingegangen. Warum?Wir – ich und meine Kollegen – waren jung, hatten eine gute Ausbildung und nichts zuverlieren. Ausserdem hätten wir im Fall eines Scheiterns schnell eine Stelle gefunden. Eswar der perfekte Zeitpunkt, um etwas zu wagen.«Wir wollen zueinem weltweitführenden Anbietervon unternehmensinternenKommunika tions lösungen werden.»Heute beschäftigt die Beekeeper AG über 120 Mitarbeiter, und es werdenwöchentlich mehr. Wie hat sich Ihre Arbeit in dieser Zeit verändert?Total. Ich programmiere praktisch gar nicht mehr. Stattdessen erarbeite ich mitunseren leitenden Mitarbeitern Ziele und helfe ihnen mit meinem Wissen, aber auch,indem ich ihnen die nötigen Mittel zur Verfügung stelle, diese Ziele zu erreichen. Ichbin heute zu 100 Prozent Manager. Mein Alltag ist streng getaktet.Obwohl Sie das nie gelernt haben. Sind Sie ein Naturtalent?Schön wärs! Nein, ich bilde mich permanent weiter; ich absolviere zum Beispielregelmässig Leadership-Trainings mit externen Experten. Ausserdem habe ich einenPersonal Coach, der mir hilft, mich weiterzuentwickeln, das innere Gleichgewicht zubehalten und langfristig das Beste aus mir herauszuholen.Ist Unternehmertum ein Hochleistungssport?Die Erwartungen der Kunden und Geldgeber sind hoch. Aber ich beklage mich nichtüber diesen Druck. Denn wir verfolgen mit Beekeeper eine Vision, die wir selber entworfen haben: Wir wollen zu einem weltweit führenden Anbieter von unternehmensinternen Kommunikationslösungen werden.Flavio Pfaffhauser (33)Mitgründer und CTO von BeekeeperLaufbahnInformatikstudium an der ETH Zürich,Zwischenstation bei einem IT-Start-up,2013 Gründung Beekeeper

Sein eigener ChefBerufe in der Informatik13

PorträtAuf der KarriereleiterFit bis in die Fingerspitzen, kerngesunder Teint undein gewinnendes Lachen. Andreas Paredi ist einMachertyp. Ja, er sei ein ehrgeiziger Mensch. Erarbeite viel, bekomme aber auch viel zurück: «Esmacht mich immer noch brutal stolz, wenn wir einProjekt in time and budget abschliessen.»Die Aufrechterhaltung des Betriebs – der soge nann te Run – hat bei der Aduno Gruppe deshalbhöchste Priorität. Doch gleich dahinter rangiertder Change: die Verbesserung von Prozessen, Produkten und Systemen. Und da kommen AndreasParedi und seine Mitarbeiter ins Spiel.Run und ChangeZur Arbeit fährt Paredi seit sechs Jahren nachZürich-Oerlikon an den Hauptsitz der AdunoGruppe unweit des Hallenstadions. Das Unternehmen betreibt Plattformen für den bargeldlosenZahlungsverkehr und bietet den Kunden Kreditkarten der Marken Mastercard und Visa an. Alleinmit den Kredit-, Debit- und Prepaid-Karten derViseca Card Services werden Tag für Tag 200 000Zahlungen getätigt. Bei einer Panne würden unzählige Konsumenten von einem Moment auf dennächsten in Zahlungsschwierigkeiten geraten.Der Weg ist das ZielGefordert war er zum Beispiel, als das Management das Smartphone als künftigen Wachstumsmotor des bargeldlosen Zahlungsverkehrs identifizierte. «Unsere Aufgabe besteht darin, solche Vorgaben durch erfolgreiche Projekte in marktfähigeProdukte zu übersetzen.»In einem ersten Schritt skizzierten seine Mitarbeiter zusammen mit dem Produktmanagementeine Roadmap: Sie schlugen vor, die bestehendeSmartphone-App VisecaOne mit einem Featurefür das kontaktlose Bezahlen aufzurüsten. Diese14Berufe in der Informatik

Steckbrief«Man muss am Ball bleiben, um auf demaktuellsten Stand zu sein.»Adriana Schmid«Bei den meistenIT-Projektenkennt man amAnfang nur dasProblem. DieLösung mussman sich nachund nacherarbeiten.»Andreas ParediBlaupause präsentierte Paredi dem Topmanagement.Der Plan wurde bewilligt, das Projekt konnte starten: Ein erstes Team wählte die externen Lieferanten aus und programmierte alle notwendigen Systeme, ein zweites testete die Bezahl-App so lange,bis sie am 23. April dieses Jahres unter dem NamenMobile Pay live gehen konnte.«Bei den meisten IT-Projekten», so Paredi,«kennt man am Anfang nur das ‹was›, das Problem.Das ‹wie›, die Lösung, muss man sich nach undnach erarbeiten.» Damit die Vorhaben trotzdemauf der Spur bleiben, braucht es die richtigen Informatikspezialisten, einen verantwortlichen Len kungsausschuss, definierte Meilensteile und Eskalationspfade.Chef mit allem Drum und DranScrum und SAFe heissen die Methodiken, die Milizoffizier Paredi seinen Teams vorgibt. Doch von einemguten Projektleiter verlangt er mehr als das strikte Befolgen von Handbüchern und Leitfäden. «Man hat esin diesem Job in erster Linie mit Menschen zu tun.»Nach 15 Jahren Berufserfahrung sagt ihm das Bauchgefühl, wenn es in einem Team harzt. «Dann bin ichals Moderator, nicht als Chef gefragt.»Die kleineren Change-Projekte der AdunoGruppe sind wenige zehntausend Franken schwer.Andere haben Budgets von weit über zehn Millionen Franken, dauern mehrere Jahre und involvieren mehr als 100 Spezialisten. Über sie alle mussParedi vierteljährlich gegenüber der Geschäftsleitung Rechenschaft ablegen. Ungesunden Druckverspürt er deswegen nicht: «Ich habe die Verantwortung gesucht; das gehört zu meinem Naturell.»Ähnlich sportlich sieht seine Karriereplanungaus. Über kurz oder lang sieht sich der 42-Jährigein der Geschäftsleitung eines mittelgrossen Unternehmens. Branchenmässig ist er nicht festgelegt.Internationale Logistik würde ihn interessieren.Doch jetzt steht erst einmal eine Auszeit an.Zusammen mit seiner Frau, die ebenfalls ein Sabbatical nimmt, wird er ein Jahr lang durch Lateinamerika reisen. Auf unnötigen Komfort wollen diebeiden verzichten: «Es kommt nur mit, was in dieRucksäcke passt.»Informatik gehört seit Kindestagen zum Alltag vonAdriana Schmid. Von ihrem Vater, der in diesemBereich arbeitet, wurde sie in die Welt der Bits undBytes eingeführt. Nach der Schule entschied sie sichzu einer Ausbildung als Informatikpraktikerin EBA,daran schloss sie sofort die Lehre als InformatikerinEFZ an. Die Schnelllebigkeit der Branche imponierti

Ich löse gerne Rätsel! «Durch meinen Beruf muss ich mich immer wieder mit neuen Technologien auseinandersetzen.» Theano Mintsi Ich bin auf der Spur der Hacker! «Man glaubt es kaum, aber Passwörter wie Kevin1999 sind keine Seltenheit.» Thushjandan Ponnudurai Ich sehe den Kontext eines Problems!